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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 09.08.2012:

„Wir möchten Lehrerinnen und Lehrer gezielt professionalisieren!“

Deutsches Zentrum für Lehrerbildung Mathematik mit neuer Website am Start
Das Bild zum Artikel
Prof. Dr. Jürg Kramer

Die Deutsche Telekom Stiftung hat ein Deutsches Zentrum für Lehrerbildung Mathematik (DZLM) eingerichtet. Seit Beginn des Wintersemesters 2011/2012 bietet es unter Führung der Humboldt-Universität zu Berlin Fort- und Weiterbildungen für Mathematik-Fortbildner und -Lehrkräfte an. In den Aufbau und Betrieb des Zentrums investiert die Deutsche Telekom Stiftung in den kommenden fünf Jahren fünf Millionen Euro. Im Juli 2012 ist die Homepage des Zentrums an den Start gegangen. Die Online-Redaktion sprach mit Prof. Dr. Jürg Kramer, dem Direktor des DZLM, über die Aufgaben des Zentrums und der Homepage.


Online-Redaktion:
Warum wurde Ihr Konsortium dazu auserwählt, das „Deutsche Zentrum für Lehrerbildung Mathematik“ aufzubauen?

Kramer: Wir haben einen gut strukturierten Antrag mit einem klaren Konzept eingereicht. Unser Konsortium bündelt ein hohes Maß an Expertise, verteilt auf mehrere Standorte: die Freie Universität Berlin, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Deutsche Universität für Weiterbildung in Berlin sowie die drei nordrhein-westfälischen Universitäten in Bochum, Duisburg-Essen und Paderborn. Wir sind somit hervorragend aufgestellt: Gemeinsam verfügen wir über eine starke bildungswissenschaftliche, mathematisch-didaktische und fachliche Kompetenz. Inzwischen sind die Technische Universität Dortmund und die Pädagogische Hochschule Freiburg zu uns gestoßen; sie bringen weitere Expertise in der Fortbildung von Mathematiklehrkräften ein. Das Medien- und Netzwerkbüro, das wir für die Deutsche Mathematiker-Vereinigung ins Leben gerufen haben, ergänzt dieses Know-how im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Auch hat ein Lehrerfortbildungsprojekt von uns, „Mathematik Anders Machen“, bundesweit großen Anklang gefunden. Ich denke, das sind die Hauptgründe dafür, dass wir den Zuschlag bekommen haben.

Online-Redaktion: Was ist das Besondere an Ihrem Konzept?

Kramer:
Wir möchten die tägliche Arbeit der Lehrkräfte durch gezielte Maßnahmen professionalisieren. Multiplikatoren bzw. Moderatoren, die selbst fortbilden und Fachberater sind, kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu. Auch widmen wir uns der Problematik von fachfremd unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrern, für die wir Qualifikationsprogramme entwickeln. Denn wie Sie vielleicht wissen, greifen manche Bundesländer auf Grund des Lehrermangels in Mathematik verstärkt auf Quer- und Seiteneinsteiger zurück. Dieser Personenkreis muss spezifisch geschult werden. Aber unser Konzept enthält auch Fortbildungsmaßnahmen vor Ort für den „normalen“ Lehrer, der seit Jahren unterrichtet.

Online-Redaktion: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem neuen Zentrum?

Kramer: Das Kernziel heißt „Continuous Professional Development“ — kontinuierliches Fortbilden. Wir versuchen, den Beteiligten ins Bewusstsein zu rufen, dass Fortbildungen in regelmäßigen Abständen wahrgenommen werden sollten. Wir sind uns bewusst, dass das für die Schulleitungen und die Lehrkräfte nicht leicht zu machen ist; aber während fünf oder sogar zehn Berufsjahren nur eine Fortbildung zu besuchen, ist einfach zu wenig. Die Kernidee ist deshalb, für ein kontinuierliches Fortbilden zu werben und das dazugehörige Angebot zu schaffen. Dabei wollen wir nicht alles neu erfinden. Wir werden gute bestehende Aktivitäten weiterführen und bei Bedarf ergänzen, die Angebote miteinander vernetzen und vermitteln. Wir möchten bei der Lehrerfort- und -weiterbildung bundesweit Maßstäbe setzen und damit ein Qualitätsziel für Fortbildungen schaffen.

Online-Redaktion: Wie ist die Arbeit in dem Zentrum aufgeteilt und was ist Ihre Aufgabe als Leiter dabei?

Kramer: Analog zur Struktur des DZLM, das sieben Abteilungen hat, wobei drei übergreifend und vier schulstufenorientiert sind, verteilt sich die Arbeit auf die verschiedenen Standorte. Mit der Unterstützung von Vorstand und Geschäftsstelle erfolgt die Leitung des Zentrums. Meine Aufgabe dabei ist, die strategischen Ziele im Blick zu behalten, den Rahmen für die zahlreichen Aktivitäten zu schaffen und die effektive Zusammenarbeit der räumlich getrennten Partner zu gewährleisten. Auch gilt es, den erweiterten Vorstand einzubinden und den Austausch mit dem wissenschaftlichen Beirat und dem Länderbeirat zu moderieren. In den Länderbeirat hat jedes Bundesland einen ministeriellen Vertreter als Ratgeber entsandt. Es ist sehr wichtig, dass diese Gremien den Entwicklungsprozess des DZLM aktiv begleiten.

Online-Redaktion: Wie sieht die Zusammenarbeit mit der Deutsche Telekom Stiftung aus?

Kramer: Die Zusammenarbeit ist eng und funktioniert sehr gut. Sie verläuft unbürokratisch und äußerst konstruktiv. Das drückt sich auch dadurch aus, dass Dr. Ekkehard Winter, der Geschäftsführer der Stiftung, dem Vorstand des DZLM angehört, und der Projektleiter des DZLM bei der Stiftung, Dietmar Schnelle, im erweiterten Vorstand ist. Es gibt regelmäßige Absprachen zwischen uns. Die Stiftung hat sehr viel Erfahrung in Bildungsprojekten, insbesondere im Bereich der Mathematik. Auch im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist dort große Expertise vorhanden.

Online-Redaktion: Welche Angebote und Aktivitäten planen Sie?

Kramer: Wir haben drei Programmlinien geplant: die erste ist die Fort- und Weiterbildung von Multiplikatoren. Über diese wird unser Konzept multipliziert. Die zweite Programmlinie sind die schon genannten fachfremd unterrichtenden Lehrkräfte, die in der Grundschule und in der Sekundarstufe I Mathematik unterrichten, selbst aber teilweise keine entsprechende fachliche und mathematikdidaktische Ausbildung haben. Wir bieten ihnen die dringend benötigten Qualifizierungsprogramme an. Die dritte Linie sind die „normalen Fortbildungen“ für interessierte Lehrergruppen.

Darüber hinaus unterstützen wir unsere Arbeit mit der neuen Informations- und Kommunikationsplattform. Auch haben wir, um das DZLM in Gang zu setzen, Quickstartaktivitäten vorbereitet: Im Schuljahr 2012/2013 beginnen für Grundschullehrkräfte und Lehrkräfte der Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen (NRW) erste Kurse, bald folgen weitere in Baden-Württemberg und Bayern. Mittelfristig werden andere Bundesländer nachziehen.

Online-Redaktion: Was bietet die neue Informations- und Kommunikationsplattform?

Kramer: Die Plattform erfüllt im Wesentlichen sechs Punkte: Zum einen ist sie eine Informationsplattform, d.h. sie versorgt den Leser mit allen wichtigen Informationen über das Projekt. Dann bietet sie als Kommunikationsplattform für alle beteiligten Personen Möglichkeiten des Austauschs. Sie beinhaltet ein enzyklopädisches Lexikon, die Madipedia, die von der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik (GDM) entwickelt wurde. Auch enthält die DZLM-Plattform vielfältige Unterrichts- und Fortbildungsmaterialien, die sich die Lehrerinnen und Lehrer herunterladen können. Dabei handelt es sich teils um bestehende Materialien, die wir sukzessive hochladen, und solche, die wir neu entwickeln. Die Materialien haben alle einen Begutachtungsprozess durchlaufen, so dass die Lehrerinnen und Lehrer, die das Material für ihren Unterricht benutzen, die Garantie haben, dass es sich um qualitätvolles Material handelt. Auch integriert die Plattform bestehende Mathematikfortbildungsportale, wie „Mathematik Anders Machen“.

Außerdem wollen wir die Fortbildungsaktivitäten des Zentrums zum großen Teil auch online anbieten. Gerade Fortbildungen, die in ländlichen Regionen stattfinden, und zu denen die Anfahrtswege weit wären, sollen größtenteils online zu absolvieren sein. Präsenzphasen werden hier minimiert. Vorgesehen sind Online-Phasen des Selbststudiums und Phasen der Kommunikation; in letzteren werden die Beteiligten zusammengeschaltet, um dann miteinander zu kommunizieren und Aspekte zu diskutieren, die es zu bearbeiten gilt. In NRW wird es im Zuge des Quickstarts bereits erste Online-Einheiten geben.

Online-Redaktion: Welche langfristigen Perspektiven verfolgen Sie?

Kramer: Zunächst muss solch ein Großprojekt erst einmal in Gang kommen. Mittelfristig müssen wir ein attraktives Angebot schaffen und erreichen, dass es auch genutzt wird. Das Fernziel ist, dass das DZLM ein Modellzentrum für bundesweite Lehrerfort- und -weiterbildung im Fach Mathematik wird und vielleicht sogar ein Vorbild für Fortbildungen in anderen MINT-Fächern, wie Physik oder Informatik. Wir haben den Anspruch und die Hoffnung, dass, wenn wir die Kompetenz der Lehrkräfte heben, sich eines Tages auch die Schülerleistungen verbessern. Wir hoffen natürlich auch, dass das DZLM sich positiv auf die Qualität des Lehramtsstudiums auswirkt und langfristig die Wahrnehmung von Mathematik in der Öffentlichkeit verbessert. Durch das Jahr der Mathematik (2008) hat sich in dieser Hinsicht schon viel getan; wir wünschen uns, dass dieser Trend weiter anhält.



Prof. Dr. Jürg Kramer ist Professor für Mathematik und ihre Didaktik an der Humboldt-Universität zu Berlin. In seiner fachwissenschaftlichen Forschung arbeitet er in der arithmetischen Geometrie und hat leitende Funktionen in mehreren Großprojekten. Im Bereich Mathematik-Didaktik setzt sich Kramer insbesondere für die Nachwuchsförderung und für die Professionalisierung der Lehrerbildung ein. Seit Juli 2011 ist er Direktor des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik, einer Fortbildungsinitiative der Deutsche Telekom Stiftung. Ab Januar 2013 wird er die Präsidentschaft der Deutschen Mathematiker-Vereinigung übernehmen.



Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 09.08.2012
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