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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 25.10.2018:

„Es gibt einen engen Zusammenhang von fachlichem Lernen und sprachlichem Lernen.“

Das Projekt „Sprachsensibles Unterrichten fördern“
Das Bild zum Artikel
Bildrechte: Christoph Guth

Mit dem Projekt „Sprachsensibles Unterrichten fördern“ werden Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) in Nordrhein-Westfalen dabei unterstützt, das Kerncurriculum für den Vorbereitungsdienst mit Blick auf Sprachbildung in allen Fächern auszugestalten. Die Online-Redaktion von „Bildung + Innovation“ sprach mit Christoph Guth, im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen zuständig für das Projekt, über die Ziele, Ergebnisse und verschiedenen Phasen.


Online-Redaktion: Was ist „sprachsensibles Unterrichten“ und wie wichtig ist es im Fachunterricht?

Guth: Bei der Diskussion um guten Unterricht, um Unterrichtsqualität, gewinnt die Sprache selbst zunehmend an Bedeutung, gerade wenn es um Vielfalt und Inklusion geht. Das zeigt sich zum einen daran, dass in den Disziplinen Bildungs- und Sprachwissenschaft etc. mehr Forschungsaktivitäten stattfinden, und zum anderen daran, dass in den Fachdidaktiken größerer Wert auf das Thema gelegt wird, besonders in den gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichtsfächern. Für die fachdidaktische Auseinandersetzung ist es relevant, dass es bei „Sprache“ nicht darum geht, rein formale Sprachbildungs- oder Sprachförderaspekte in den Fachunterricht auszulagern und damit die Sprachfähigkeit der Kinder zu fördern, sondern es hat sich gezeigt, dass das fachliche Lernen, das fachspezifische Lernen, ganz stark davon gekennzeichnet ist, wie die sprachlichen Strukturen in dem Fach von den Schülerinnen und Schülern verstanden werden. Es gibt einen engen Zusammenhang von fachlichem Lernen und sprachlichem Lernen. Und damit das Lernen in den einzelnen Fächern besser gelingt, ist es wichtig, den Blick darauf zu lenken, dass Sprache eine Bedeutung in der Fachdidaktik hat.

Online-Redaktion: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Projekt „Sprachsensibles Unterrichten fördern“?

Guth: Wir wollen Inhalte, aber auch Verfahren und Methoden zu durchgängiger Sprachbildung für die Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) entwickeln und sie in deren Ausbildungspläne implementieren. Sprachsensibilität soll dabei kein extra Modul sein, sondern überall in der Lehrerausbildung mit einfließen, insbesondere auch in Kooperation mit den Ausbildungsschulen. Das Projekt ist in zwei Phasen eingeteilt. In der ersten Phase, die bereits abgeschlossen ist, wurden die Materialien für die Ausbildung im Vorbereitungsdienst im gymnasialen Bereich entwickelt. In der zweiten Phase sollen diese Ansätze allen Lehrämtern zugänglich gemacht und nachhaltig verankert werden.

Online-Redaktion: Wer ist an dem Projekt beteiligt?

Guth: Das Projekt ist initiiert worden von der LaKI, der landesweiten Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren. Sie hat uns, die zuständige Stelle im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, um Unterstützung gebeten. Für die operative Umsetzung zeichnet die Westfälische Wilhelms-Universität Münster unter Leitung von Prof. Dr. Andrea Szukala verantwortlich. Gefördert wird es von der Stiftung Mercator. Die Humboldt-Universität zu Berlin ist mit der Begleitforschung beauftragt, sie untersucht das Projekt auf seine Wirksamkeit hin. Prof. Dr. Beate Lütke ist hier gemeinsam mit Prof. Dr. Jennifer Paetsch von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg federführend. Sie dokumentieren auch die Erfahrungen und die Ergebnisse sowie die Gelingensbedingungen und die Hemmnisse, sodass auch die ZfsL, die nicht an dem Projekt teilnehmen, wissen, wie sie am besten davon profitieren können.
Vertreterinnen und Vertreter dieser Institutionen steuern das aktuelle Projekt, das bereits die zweite Phase des großen Vorhabens ist, um sprachsensibles Unterrichten in der Seminararbeit nachhaltig und fundiert zu etablieren. Dies geschieht, unter Beratung eines wissenschaftlichen Beirats, in regelmäßigen Steuergruppensitzungen. Die eigentlichen Akteure des Projektes sind Seminarleitungen und Seminarausbilderinnen und -ausbilder sowie Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter in landesweit fünf Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL).

Online-Redaktion: Welche Ergebnisse wurden in der ersten Phase erzielt?

Guth: In der ersten Phase, von März 2015 bis Februar 2017, wurden die Materialien und Unterrichtskonzepte für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für die Schulform Gymnasium/Gesamtschule (Gym/Ge) entwickelt. Das geschah in fünf Clustern, also in fünf Arbeitsgruppen. Es gab ein überfachliches Cluster sowie die Cluster Gesellschaftswissenschaften, Naturwissenschaften, Sprache und Mathematik ‒ sie repräsentieren die typischen Sprachmuster in den Schulfächern. Wir konnten in dieser Phase namhafte Wissenschaftler/innen für die Mitarbeit in allen Modulen gewinnen.

Herausgekommen ist ein umfangreicher, beeindruckender Dokumentationsband, der für alle Cluster Materialien und Unterrichtskonzepte enthält, beispielsweise Lernlandkarten, mit denen deutlich wird, was Sprachsensibilität in den einzelnen Fächern bewirken kann, oder exemplarische Seminarsitzungen wie „Schreiben fördern im Sprachunterricht“ oder „Wie gestaltet man Lernmaterialien sprachsensibel?“. Alle Materialien stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz auch digital zur Verfügung. Das bedeutet, dass sie frei genutzt und unter Angabe des Autors weitergegeben werden können. Das Material findet in erster Linie in der Seminararbeit Verwendung und steht allen Seminarausbilderinnen und -ausbildern zur Verfügung. Unser Ziel ist, dass es fest in den Ausbildungsplänen verankert wird. Damit es leichter angewendet werden kann, wurden Fortbildungsveranstaltungen für die Fachleitungen konzipiert und mit über 70 Fachleitungen bereits pilotmäßig erprobt.

Online-Redaktion: Zurzeit befindet sich das Projekt in Phase II: Wie erfolgen die Umsetzung und der Transfer der Ansätze und Materialien zur sprachlichen Bildung?

Guth: Die zweite Projektphase hat im Frühjahr 2017 begonnen und geht noch bis zum März 2019. Bei der Konzeption der zweiten Projektphase geht es darum, die Ansätze und Materialien aus Phase I allen Lehrämtern zugänglich zu machen. Der weitere bedeutsame Fokus liegt darauf, diese Anregungen wirksam werden zu lassen in der konkreten Ausbildungstätigkeit und darüber hinaus das Thema zu einem Anliegen eines ganzen Systems Lehrerausbildung zu machen.
Für dieses Pilotprojekt wurden fünf ZfsL ausgewählt – aus jedem Regierungsbezirk eines –, die sich um die Teilnahme beworben hatten und bereit waren, sich auf die komplexe, lehramtsübergreifende Struktur des Vorhabens einzulassen.
Für die Umsetzung haben wir so genannte Ausbildungsteams gebildet, die das sprachsensible Unterrichten konzipieren, ausprobieren und reflektieren. Die Teams sind aus jeweils zwei Fachleitungen, zwei Lehramtsanwärter/inne/n und zwei Ausbildungslehrer/inne/n zusammengesetzt. Diese entwickeln gemeinsam für ihre speziellen Ausbildungssituationen Praxisumsetzungen. Sie verwenden dabei die Anregungen aus dem Dokumentationsband, berücksichtigen die eigenen Bedarfe und planen die Umsetzung und Erprobung in den Ausbildungsschulen. Insgesamt gibt es an jedem Pilot-ZfsL zehn Ausbildungsteams. Die Teams werden begleitet und unterstützt durch Beratungsteams, die zusammengesetzt sind aus wissenschaftlichen Mitarbeiter/inne/n der Uni Münster und Fachleitungen aus der ersten Projektphase. Wir haben außerdem begleitend eine ZfsL-weite, also lehramtsübergreifende Gruppe gebildet, in der sich die Fachleitungen austauschen, sowie eine Gruppe, in der sich die Lehramtsanwärter/innen besprechen können. Diese Gruppen nennen wir Entwicklungsteams.

Online-Redaktion: Wie kommt die Arbeit in den Teams voran?

Guth: Es gab zum Bergfest eine Tagung in Dortmund, auf der alle Beteiligten zusammengekommen sind, einen Zwischenstand präsentiert und sich selbst noch einmal vergewissert haben, wo sie zurzeit stehen und was sie schon erreicht haben. Es ist natürlich alles noch in Bewegung, aber es waren schon sehr beeindruckende Ergebnisse dabei. Am 9. Januar 2019 wird es eine abschließende Tagung geben, und ich bin schon sehr gespannt, was dabei herauskommt.

Online-Redaktion: Wie geht es nach Ablauf des Projekts weiter?

Guth: Wir wollen dafür sorgen, dass die beteiligten ZfsL ihren Prozess verstetigen können, und wir werden fortfahren mit der Implementierung der Materialien an allen weiteren Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung. Am Projekt waren fünf Pilot ZfsL beteiligt, es gibt in NRW aber insgesamt 33 ZfsL. Wir haben also noch zu tun. Alle Erkenntnisse sollen den ZfsL außerdem verstärkt über Fortbildungen zur Verfügung gestellt werden.



Christoph Guth, Pädagogischer Mitarbeiter im Referat 423 (Vorbereitungsdienst / ZfsL / Qualifizierung im Seiteneinstieg) des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen; Grundschullehrer, Fach- und Kernseminarleiter am ZfsL in Köln, Praxissemesterbeauftragter.




Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 25.10.2018
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